Dem Bürgermeister fehlt die Führungsstärke

Über den Vorschlag von Bürgermeister Claus Pommer, ein Entlastungspaket für Familien aufzulegen, waren in Hilden viele überrascht. Der Bürgermeister hat kaum jemanden in seine Überlegungen mit einbezogen. Weder in der Politik noch innerhalb seiner Verwaltung war das Vorhaben bekannt.

Für die Organisation und Umsetzung seiner Ideen ist Herr Pommer aber auf die Unterstützung der Akteure in Politik und Verwaltung angewiesen. Die Vorschläge zu möglichen Entlastungen sind nicht ausgereift oder auf ihre Rechtssicherheit überprüft. Daher birgt das Vorgehen des Bürgermeisters ein großes Risiko. Sollte die Politik andere Vorstellungen haben, wie mit den Mehreinnahmen umgegangen wird, könnte Herr Pommer die Hoffnung auf Entlastungen gemacht haben, die nicht verwirklicht werden. Zudem scheint ungeklärt, inwieweit die Maßnahmen überhaupt praktisch umgesetzt werden können und welchen Verwaltungsaufwand sie verursachen. Die Verwaltung zeigt jetzt schon an, dass sie in vielen Teilen das Limit ihrer Arbeitsfähigkeit erreicht hat. Für die Bürgerinnen und Bürger ist dies nicht nur im Bürgerbüro, sondern auch in den Fachämtern spürbar.

„Bürgermeister Pommer fehlt die Erfahrung und Führungsstärke“, kritisiert SPD-Fraktionschef Kevin Buchner. Die Politik und Fachämter der Verwaltung hätten von Herrn Pommers Vorhaben aus der Presse erfahren. Der Bürgermeister sollte laut Buchner nicht nur gute Ideen haben, sondern vor öffentlichen Äußerungen um ihre Umsetzbarkeit wissen. „Denn ein Ziel ohne Plan ist bekanntlich nur ein Wunsch. Zudem sollte Herr Pommer die Vertreter der Bürgerschaft, die gewählten Kommunalpolitiker, mit einbeziehen und nicht für eine gute Schlagzeile im Alleingang handeln“, so Buchner weiter. Pommer entziehe sich jeglicher Verantwortung, indem er seine Ideen präsentiert, die Ausgestaltung aber dann den schon intensiv geforderten Verwaltungsmitarbeitern und der Politik überlässt. „Wir haben Herrn Pommer mehrfach eine Zusammenarbeit angeboten, die er bisher nur in geringen Maße angenommen hat“, bedauert Buchner.

Kevin Buchner berichtet zudem, dass die Vorhaben des Bürgermeisters in der Verwaltung für Irritation gesorgt haben: „Die Fachämter wurden von dem Presseartikel überrumpelt.“ Pommer sorge mit seinem Verhalten und Alleingängen schon länger für schlechte Stimmung im Rathaus. Zwar möchte Pommer „unkomplizierte“ Entlastungen schaffen, „ohne die Behörde lahmzulegen“, doch welcher Arbeitsaufwand hinter den Maßnahmen tatsächlich steckt, ist ihm meist unbekannt. Dass Herr Pommer in seinen Überlegungen, einen Corona-Bonus zu zahlen, nur Erzieher berücksichtigt und Fachämter wie die Feuerwehr oder das Ordnungsamt außer Acht lässt, die durch die Covid-Pandemie ebenfalls einen enormen Arbeitsaufwand hatten, wird zu zusätzlichen Missstimmungen innerhalb der Stadtverwaltung führen.

„Die Begehrlichkeiten des Bürgermeisters durch die Mehreinnahmen im vergangen Jahr widersprechen der angestrebten Haushaltskonsolidierung“, mahnt Dominik Stöter, Fraktions-Vize und finanzpolitischer Sprecher der SPD. Die Stadt habe in der Mehrjahresfinanzplanung weiterhin jährliche Defizite von bis zu 10 Millionen Euro. „Der Bürgermeister scheint nicht über seine 5-jährige Amtszeit hinaus zu denken! Wir sollten Mehreinnahmen dazu nutzen, die Defizite der letzten und kommenden Jahre auszugleichen und damit die Gefahr einer Haushaltssicherung zu mildern. Nur so können wir dafür sorgen, dass wir für unsere Bürgerinnen und Bürger handlungsfähig bleiben.“

Die Mehreinnahmen eröffnen aber auch Möglichkeiten, die nun von der SPD-Fraktion neu bewertet werden. Dabei geht es der SPD vor allem um nachhaltige Maßnahmen, die Hilden langfristig lebens- und liebenswert halten. Eine Unterstützung der frühen Hilfen für die Allerjüngsten wäre daher denkbar, auch die Förderung der Personalbeschaffung. „Wir sind im Austausch mit unseren politischen Partnern, um Möglichkeiten zu erörtern und zu durchdenken“, berichtet Stöter. „Die von Pommer vorgeschlagenen Einmalzahlungen mögen im Moment für die Empfänger hilfreich sein, doch lösen sie nicht die strategischen Herausforderungen, vor denen Hilden steht. Für viele der Bedachten sind sie zudem ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn wir die Mehreinnahmen nutzen, dann, um in unsere Zukunft zu investieren.“

CDU, Grüne, FPD und Bürgeraktion hatten Pommer 2020 bei der Kommunalwahl unterstützt. Ob sie und weitere Fraktionen das Entlastungspaket befürworten, wird sich zeigen. Erst vor einem Jahr hatten sich alle Fraktionen auf eine langfristige Haushaltskonsolidierung verständigt. Damals beschloss der Rat, auch mit der Stimme von Bürgermeister Pommer, dass die Politik eigenständig die notwendigen Entscheidungen zu einer deutlichen Verringerung des Haushaltsdefizits trifft, damit die Rücklagen nur in dem für die Erreichung dieses Ziels vertretbaren Umfang in Anspruch genommen wird. Pommer hat mit seinem voreiligen Handeln jedenfalls dafür gesorgt, dass die Bürger nun etwas erwarten – und er wird für die Enttäuschung der Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sein, wenn sich die gemachten Ankündigungen nicht realisieren lassen.