Zäsur und Umbruch

Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre: Es war die Zeit der weltweiten Proteste gegen den Vietnamkrieg. Zudem begleiteten die Studentenproteste gegen den „Muff von tausend Jahren“ in Deutschland den gesellschaftlichen Umbruch. Mit Willy Brandt wurde erstmals ein Sozialdemokrat Bundeskanzler. Seine sozialliberale Koalition hatte das Ziel, das Land und seine Politik zu verändern. Willy Brandts Botschaft „wir wollen mehr Demokratie wagen“ ermunterte die Menschen, vor allem die jüngere Generation, zum politischen Engagement. Die SPD erlebte einen Ansturm neuer Mitglieder, im Hildener Ortsverein wurde das 500ste Mitglied begrüßt. Die Mitgliederzahl hatte sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt.

Bei der Bundestagswahl 1972, der legendären Willy-Wahl, wurden die Sozialdemokraten in Hilden von einer Welle der Sympathie getragen. Mit 48,4 Prozent der Zweitstimmen erreichten sie das beste Ergebnis ihrer Geschichte bei Bundestagswahlen. Auch bei den Erststimmen lag der Kandidat der SPD vorn. Es war der 28-jährige Historiker Dr. Uwe Holtz, der als nahezu unbekannter Herausforderer im Wahlkreis Mettmann I seinen CDU-Gegner, den ehemaligen Außen- und Verteidigungsminister Dr. Gerhard Schröder, überflügelte. Uwe Holtz nahm sich eine Wohnung in Hilden, wurde Mitglied im Ortsverein, betreute seinen Wahlkreis vorbildlich und arbeitete bis 1994 erfolgreich im Deutschen Bundestag. Hier leitete er viele Jahre als Vorsitzender den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Uwe Holtz hat in dieser Zeit die Entwicklungspolitik in Deutschland maßgeblich beeinflusst. Nach seinem Abschied von der politischen Bühne schloss sich Uwe Holtz 1995 dem Ortsverein Bonn an.

Sechs Bewerber machten sich 1993 Hoffnungen auf die Nachfolge von Uwe Holtz, um als SPD-Kandidat bei der Bundestagswahl im Oktober 1994 antreten zu können. Nach einer Vorstellungstour durch die Ortsvereine standen auf der Wahlkreiskonferenz in Langenfeld noch drei Bewerber zur Wahl. Das Rennen gewann im zweiten Wahlgang der Hildener Jürgen Scholz. Bei der Bundestagswahl erreichte Scholz 42,5 Prozent der Erststimmen und lag damit 3,3 Prozent hinter dem CDU-Kandidaten.

In Hilden tat sich die SPD am Anfang der bewegten Siebziger nach dem Verlust der Ratsmehrheit 1969 in der folgenden Wahlperiode schwer, ihre Rolle als Minderheit im Rat zu finden. Auch erlebte der Ortsverein stürmische Zeiten, zu denen die starke Juso-Arbeitsgemeinschaft wesentlich beitrug. Der Generationenkonflikt hatte die Hildener SPD erreicht. Ellenlange Diskussionen in den Mitgliederversammlungen drehten sich verstärkt um kommunalpolitische Themen, Entscheidungen und Positionen der Ratsfraktion wurden hinterfragt und kritisiert. Eine Situation, mit der besonders lang gediente Fraktionsmitglieder ihre Probleme hatten.